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Superreicher PhilanthropHat Bill Gates plötzlich etwas gegen Klimapolitik?

Bill Gates' Stiftung fördert viele Klimaschutz-Projekte. Nun sagt er, man solle sich nicht zu sehr auf Reduktionsziele konzentrieren. Warum?

Microsoft-Gründer Bill Gates: Auf der Suche nach neuen Partnern in der Entwicklungshilfe Foto: Caitlin Ochs/reuters

Das 1,5-Grad-Ziel kann weg. Zumindest, wenn es nach Tech-Milliardär Bill Gates geht. Einst war er der reichste Mensch der Welt, mittlerweile steht er laut Forbes nur noch auf Platz 13. Im Vorfeld der Weltklimakonferenz COP30, die am 10. November in Brasilien startet, forderte er, dass sich Länder nicht zu sehr auf Ziele zur CO₂-Reduktion fokussieren sollten.

Der Klimawandel sei ernst, schrieb Gates auf seinem Blog Gates Notes. Titel des Beitrags: „Drei unbequeme Wahrheiten über das Klima“. Aber man habe bereits große Fortschritte gemacht. Er mahnte, dass durch den Kampf gegen die globale Erwärmung Themen wie Gesundheit und Gleichberechtigung in den Hintergrund rückten, und kritisierte insbesondere die „Weltuntergangsrhetorik“ mancher Aktivist:innen. Der Klimawandel werde nicht zum Untergang der Menschheit führen, wiegelte er ab. Und weiter: „Die Menschen werden in absehbarer Zukunft an den meisten Orten der Erde leben und gedeihen können.“

Gates' Äußerungen überraschen, da er sich in der Vergangenheit als prominenter Klimaschützer hervorgetan hat. So veröffentlichte er vor drei Jahren das Buch „Wie wir die Klimakrise verhindern“, das zu einem Bestseller wurde.

Woher rührt die Kehrtwende?

Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, die er gemeinsam mit seiner Ex-Frau 1999 gründete und Anfang des Jahres nach ihrem Weggang in Gates-Stiftung umbenannt wurde, pumpte bereits Milliarden in Klima- und Umweltschutzprojekte. Allerdings auch in Gesundheitsversorgung, Impfstoffe und landwirtschaftliche Entwicklungspolitik – worauf ihr Fokus liegt. Darin könnte der Grund für Gates' Vorstoß liegen.

Die Gates-Stiftung ist die größte private Stiftung der Welt, sie beschäftigt mehr als 2.000 Mitarbeiter. Ihre Arbeitsweise soll unternehmerisch geprägt sein: Die Projekte sind groß angelegt und werden in Zusammenarbeit mit Regierungen und Unternehmen umgesetzt; die Investition muss am Ende des Tages stimmen. Im Mai sprach Gates davon, seine Stiftung am 31. Dezember 2045 aufzulösen. Ursprünglich sollte die Stiftung über seinen Tod hinaus bestehen. Nun soll das gesamte restliche Gates-Vermögen bereits in den nächsten 20 Jahren ausgegeben werden.

Was die Stiftung politisch so bedeutend macht: Sie ist nach den USA und Deutschland der drittgrößte Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Anfang des Jahres kündigte die US-Regierung unter Donald Trump an, bis Anfang 2026 aus der WHO auszutreten. Trump wirft der Organisation unter anderem vor, sich im Umgang mit der Coronapandemie falsch verhalten zu haben.

Wer die Lücke füllt, die Trump reißt

Die WHO würde mit den USA ihren größten Beitragszahler verlieren. Die USA finanzierten die Organisation im Zeitraum 2022/23 mit rund 1,3 Milliarden US-Dollar, das sind rund 18 Prozent ihrer Gesamtfinanzierung. Deutschland zahlte 856 Millionen US-Dollar, die Gates-Stiftung mit 830 Millionen US-Dollar nur etwas weniger – was einen Anteil von etwa 10 Prozent am Gesamtbudget ausmacht. Die Organisation finanziert sich aus Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten und freiwillige Zahlungen.

Auch aus der Entwicklungsfinanzierung ziehen sich die USA unter Trump zurück. Bislang waren die Vereinigten Staaten der mit Abstand führende globale Akteur und Geldgeber in der Entwicklungspolitik. Die Golfstaaten, die bislang als „stille Giganten“ der Entwicklungshilfe bezeichnet werden, werden dadurch künftig eine einflussreichere Rolle spielen und somit zu wichtigen Partnern der Gates-Stiftung. An Reduktionszielen sind die Ölländer allerdings nicht sonderlich interessiert.

Aus der Klimafinanzierung könnte sich Gates also zurückziehen wollen. Im März wurden bereits einige Mitarbeiter seiner Klimainitiative Breakthrough Energy entlassen, deren Fokus auf Innovationen im Bereich grüner Energie und Treibhausgasreduktionen liegt.

Ein Sprecher der Gates-Stiftung weist dies jedoch zurück. „Bill Gates hat keine Änderung seiner Förderung von Klima-Projekten angekündigt“, schrieb er in einer Mail an die taz. „In seinem aktuellen Text plädiert er nicht für weniger Engagement im Bereich Klimaschutz, sondern für mehr Fokus – also dafür, sicherzustellen, dass jede Förderung, Regulierung und jedes neue Projekt tatsächlich eine Wirkung erzielt.“

Das 1,5-Grad-Ziel wohl nicht mehr zu erreichen

Fast alle Länder der Welt haben sich zum Pariser Klimaabkommen verpflichtet. Demnach soll die globale Erwärmung auf „deutlich unter“ 2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden – bestenfalls auf 1,5 Grad. Klimaforscher vermuten, dass die Kipppunkte des Weltklimas irgendwo zwischen 1,5 und 2 Grad liegen, jedoch tendenziell eher nahe 1,5 Grad. Das sind jene kritischen Schwellenwerte, ab denen ein katastrophal verlaufender Klimawandel nicht mehr aufzuhalten ist. Derzeit liegt die globale Erwärmung bei etwa 1,1 Grad.

Vergangene Woche sagte UN-Generalsekretär António Guterres, das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels sei nicht mehr möglich. Dementsprechend drohen „verheerende Konsequenzen“.

Transparenzhinweis: Der Artikel wurde nachträglich um eine Stellungnahme der Gates-Stiftung ergänzt. Zudem hatte in einer vorherigen Version gestanden, die Gates-Stiftung solle Ende 2025 aufgelöst werden. Dabei handelte es sich um einen Tippfehler. Die Stiftung soll Ende 2045 aufgelöst werden. Dies wurde korrigiert.

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25 Kommentare

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  • Bill Gates macht, was er schon immer macht. Als Gründer und Chef von Microsoft hat er die eigene Marktmacht ausgenutzt, um diese und sein Vermögen konsequetn zu vermehren. Als Stifter hat er int’l Organisationen seine Vision einer marktkonformen und von neuen Technologien getrieben Entwicklung aufgedrückt und zeitgleich in Unternehmen investiert, die diese Technologien entwickeln, produzieren und verkaufen. Der einzig effektive Klimaschutz, die Kombination von drastische Reduktion von Emissionen und die Wiederherstellung natürlicher CO2-Speicher, braucht weder neue Technologien, noch lässt er sich unter den Bedingungen von Marktwirtschaft verwirklichen. Beim Klimaschutz war Bill Gates vielleicht mal etwas in Sorge, aber nie wirklich dabei. Dabei war und ist er aber bei all denen (u.a. als Spender der Private Enterprise Foundation), die den neoliberalen Kapitalismus voranbringen wollen, staatliche und rechtliche Schranken, wie Verbraucher- und Umweltschutz, aus dem Weg räumen wollen.

  • taz: *Bill Gates' Stiftung fördert viele Klimaschutz-Projekte. Nun sagt er, man solle sich nicht zu sehr auf Reduktionsziele konzentrieren. Warum?*

    Warum? - Da muss man sich doch nur diesen kurzen Ausschnitt (siehe ***) mal anschauen, wo Bill Gates brav und unterwürfig beim Dinner von König Donald saß. Wahrscheinlich gab es als Vorspeise 'trumpsche Schleimsuppe'.

    ***US-Techbosse bei Trump - heute SHOW*** www.youtube.com/shorts/WLhIa_PXJR0

    Donald Trump vertritt die Ansicht, dass der Klimawandel ein Betrug sei und hat im Januar 2025 den Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen veranlasst. Aktuelle Berichte vom September 2025 bestätigen, dass er diese Haltung bei einer Rede vor der UNO-Vollversammlung erneut bekräftigt hat.

  • Es lohnt sich den Essay von Gates mal im Ganzen durchzulesen.

  • Er hat recht. Passt nur den deutschen kirchentagsgrünen Pietisten nicht.

  • Ja, ein Teil der Menschheit wird überleben. Und eine kleine Gruppe wird sowieso genug Macht, Geld und Technologien besitzen sich über ein paar Hundert Jahre eine schöne Landschaftsblase zu erhalten. Von daher, pffft... take it easy. Es grenzt schon an Zynismus solche Aussagen zu machen, wenn einerseits die politische und wirtschaftliche Ignoranz bei diesem Thema zunimmt und gleichzeitig das Artensterben, die Verschmutzung auch der entferntesten Regionen, die massiven Waldbrände und die wissenschaftlichen Zahle dramatische Bilder zeichnen. Danke Herr Gates, ihre Aussage hilft da nicht.

  • Bevor man für eine noch so gute Absicht, Geld verbrennt, hilft eine Evaluierung der geplanten Maßnahmen. Wie haben Flora und Fauna insbesonders Dinosaurier die Millionen Jahre der Warmzeiten überlebt.

    • @KeineHastUndHetze:

      Die Menschen könnten auch eine Warmzeit überleben. Oder andere Tier- und Pflanzenarten.



      Das Problem: Die Beschleunigung von Kalt zu Warm, wenn auch nur wenige Grad, geschieht nicht über Jahrtausende sondern über Jahrzehnte. Viel zu wenig Zeit für evolutionäre Anpassung. Das wird vielen Tier- und Pflanzenarten das Genick brechen; Korallen in den Weltmeeren sind derzeit live am Aussterben.

      • @Troll Eulenspiegel:

        "Korallen in den Weltmeeren sind derzeit live am Aussterben."



        Die Korallen werden nicht aussterben. Wieso immer diese dystopischen Übertreibungen?



        Der Korallengürtel wird sich verschieben.



        Dass das Absterben viel viel schneller aktuell geschieht als die Neubildung ist fraglos richtig, aber aussterben tut da gar nichts.



        Das ist wie mit dem Harz, der wird die nächsten zwei Generationen eher eine Mondlandschaft denn ein Wald sein, aber er wird wieder ein Wald sein.



        Bei Korallen dauerts halt ungleich länger, viele Jahrhunderte.

    • @KeineHastUndHetze:

      Berücksichtigen Sie bitte, dass zumindest bei der Ernährung wir auf Flora und Fauna angewiesen sind.



      Klar! Für eine Handvoll Milliardäre finden sich immer was

      • @Oliver Wagner:

        Die Flora leidet nicht am CO2-Anstieg, ganz im Gegenteil, sondern an Abholzung und Bodenversiegelung aufgrund steigender Bevoelkerung. Selbes gilt fuer die Fauna.

        • @elektrozwerg:

          Der Klimawandel bedroht unter anderem durch Dürren und Überschwemmungen eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion.

  • Bill Gates hat sich dem kommenden amerikanischen Faschismus angepasst.



    One Sizes fits all.

  • Er hat sich eindeutig, wie alle anderen Milliardäre, die damals mit Trump am Tisch saßen( Zuckerberg ect) zum Speichellecker und Arschkriecher verwandelt. Bei ihm tut es besonders weh.

  • Ist wie mit Soros und allen anderen auch, die zuviel Geld haben: Die präsentieren sich als Engel, sind aber in Wahrheit alles Kapitalisten, denen der Planet egal ist.

  • Was Gates schreibt ist vernuenftig und rational. Allerdings hat er mit seiner berechtigten Kritik an den Doomsday-Propheten einigen den Wind aus den Segeln genommen. Und das offensichtlich so sehr, dass er als Klimaschuetzer in Frage gestellt wird. was mehr ueber die Propheten als ueber ihn aussagt.

    Wie um das zu bestaetigen hat der Bundesrechnungshof das Wasserstoff-Maerchen vor wenigen Tagen auseinander genommen. Die Analyse ist vernichtend, die Folgen fuer Bundeshaushalt, Industriestandort und Klimaziel sind katastrophal. Und somit bricht der Traum von der deutschen Energiewende hin zu einer Energieversorgung rein aus Erneuerbaren in sich zusammen und wir werden noch auf Jahrzehnte auf Kohle oder (Fracking-)LNG angewiesen sein. Von zukuenftigen Technologien im Bereich der KI koennen wir uns in Deutschland aufgrund von Strommangel verabschieden. Und dieselben Leute, die uns in diese ideologische Sackgasse gefuehrt haben, jammern jetzt ueber die Folgen: Wohnungskrise, Sozialstaatabbau und Armut aufgrund immer weiter steigender Lebenserhaltungskosten. Es wird noch schlimmer werden, wir stehen erst am Anfang der Abwaertsspirale.

  • Zu viel Macht in den Händen eines einzelnen Mannes!

  • "Der Klimawandel werde nicht zum Untergang der Menschheit führen, wiegelte er ab. Und weiter: „Die Menschen werden in absehbarer Zukunft an den meisten Orten der Erde leben und gedeihen können.“

    Für den Computermenschen sind Flora und Fauna nicht schützenswert.

    Zeit sich von den usa unabhängig zu machen

    • @Oliver Wagner:

      Wir sollen unabhängig von den USA werden, Russische Energieträger sowieso abschaffen, auch von China will man sich freimachen um die Abhängigkeiten zu reduzieren. Da werden am Ende nicht viele Länder außerhalb der EU übrig bleiben zum handeln.

      • @Zippism:

        Viele der Probleme rühren daher, weil usa und Europa versuchen die Welt zu missionieren, im Gegensatz zu China, die eigentlich nur Geschäfte machen wollen

        • @Oliver Wagner:

          Ja und Bill Gates versucht grade das Gegenteil, das Klimamissionieren abzuwiegeln.



          Ihre Reaktion darauf: Wir müssen uns von den USA unabhängig machen.



          Das USA und Europa die Welt missionieren wollen ist einer der Haupttreiber für Probleme…

          Den Wiederspruch in den beiden Kommentaren merken sie selber?

          • @Walterismus:

            Sie wollen immer noch die Welt verbessern - halt nach Ihren Vorstellungen

  • Die Frage ist sehr berechtigt, ob man die Klimakrise dadurch beseitigen kann, dass man CO2 im Erdboden verbuddelt (bekanntlich die Lieblingslösung von CDU/CSU). Wer ein "Menschenfreund" (Philanthrop) ist, wird wohl eher sein Geld dort investieren, wo es Menschen einen auch kurzfristig nachweisbaren Vorteil bringt, wie bei konkreten Gesundheitsmaßnahmen. Denn auch eine große Stiftung ist im Vergleich zu staatlichen Akteuren eine kleine Nummer.

    • @Rudi Lipp:

      Es geht nicht um verbuddeln ansich. Es geht darum, dass CO2 von bestimmten Gesteinen absorbiert wird, schaetzungsweise 90% innerhalb von 10 Jahren. Das ist deutlich effektiver als die CO2-Bindung von Pflanzen.



      Es ist sogar so effektiv, dass die Erde mal fast komplett vereist ist, weil aufgrund von auseinanderbrechenden Kontinenten auf diese Weise sehr viel CO2 gebunden wurde.

    • @Rudi Lipp:

      Ein Menschenfreund wird eher versuchen die natürlichen Lebensgrundlagen langfristig zu schützen zum Wohle des ganzen Erdkreises